Unternehmen, die IT-Services outsourcen, kümmern sich zunehmend auch um die Etablierung einer Providermanagement-Organisation im eigenen Hause. Sie haben erkannt, dass es nicht reicht, den richtigen Service-Provider auszuwählen, um einen guten IT-Service zu erhalten. Service-Provider arbeiten nicht „von selbst“, sie benötigen eine permanente Schnittstelle zum Kundenunternehmen und müssen angemessen gesteuert werden. Im Folgenden zeigen wir den aktuellen Stand und Probleme im Providermanagement in Deutschland auf, d.h. wir skizzieren, wo deutsche Unternehmen mit der Aufstellung ihrer Providermanagement-Organisation aktuell stehen und was für den Erfolg teils noch fehlt.
Basis für die nachfolgenden Einschätzungen der aktuellen Situation von IT outsourcenden Unternehmen sind die Ergebnisse der Umfrage des itSMF in 2022 – hier waren wir bei der Umfrageerstellung und -auswertung beteiligt – sowie Diskussionen, die wir im Rahmen von Beratungsprojekten und Schulungen mit Vertreter:innen verschiedener deutscher Unternehmen geführt haben.
1. Providermanagement in Deutschland – Aktueller Stand in Unternehmen
Viele Unternehmen haben erkannt, dass es bei der Ausgliederung von IT-Services nicht reicht, die externen Leistungen sauber zu spezifizieren, solide Verträge aufzusetzen und abzuschließen. Sie legen auch zunehmend fest, wie mit Service-Providern zusammengearbeitet wird und wie sie gesteuert werden. Für die Gestaltung der Zusammenarbeit legen Unternehmen insbesondere Prozesse, Tools, SLA-Reporting und Gremien fest und implementieren diese gemeinsam mit Providern. Zudem spezifizieren sie Rollen für die Steuerung der Service-Provider und ordnen sie ihren Mitarbeiter:innen zu. Damit ist der Grundstein für klare Verantwortlichkeiten und die Zusammenarbeit mit Service-Providern gelegt.
Trotzdem sind viele Unternehmen unzufrieden mit der Leistung ihrer Service-Provider und der Zusammenarbeit mit ihnen. Woran liegt das?
2. Ursachen für Probleme
Schlechte Leistung von Providern und schlechte Zusammenarbeit mit ihnen können meistens auf immer die gleichen, wenigen Ursachen zurückgeführt werden:
Abbildung 1: typische Ursachen für Probleme im Providermanagement
2.1 Zu niedrige Service-Preise
In Outsourcing-Projekten verhandeln Unternehmen Preise häufig zu stark nach unten. Gerade bei einem großem Service-Volumen, für das mehrere Bieter Angebote abgegeben haben, ist es für den Vertrieb eines Service-Providers sehr interessiert, den Auftrag zu erhalten. Dies liegt daran, dass sich seine Provision in der Regel auf Basis des Auftragswerts berechnet, er also bei erfolgreichem Vertragsabschluss selbst deutlich profitiert. Deswegen gibt er gerade bei hohem Auftragsvolumen eher einem starken Druck des Einkäufers in den Verhandlungen nach und gewährt (zu) viel Preisnachlass.
Ist der Vertrag dann geschlossen, übernimmt der Service-Betrieb des Providers die Verantwortung für den Auftrag. Wenn durch die vom Vertrieb verhandelten Preise die Marge des Providers sehr gering geworden ist, versucht der Service-Betrieb durch Reduzierung seiner Kosten die Marge wieder erträglich zu gestalten. Dies geht häufig zu Lasten der Qualität der von ihm erbrachten Services. Wo immer möglich, versucht er bei der Service-Erbringung Aufwand zu vermeiden, er tut nur das unbedingt Nötigste. Zudem sucht er stetig nach Grauzonen im Vertrag, um Leistungen zusätzlich abrechnen zu können und damit die Einnahmen zu erhöhen. Beides führt zu häufigen Diskussionen, Mehraufwand und Unzufriedenheit auf beiden Seiten. Die Servicequalität droht auf der Strecke zu bleiben.
2.2 Falscher Servicezuschnitt
Die vom Provider zu erbringenden Services sind „unglücklich“ gestaltet oder geschnitten. Das heißt, der Provider kann seine für andere Kunden etablierten Standard-Services nicht nutzen. Häufig sind die Leistungen auch so geschnitten, dass der Provider viele Schnittstellen zu anderen internen und/oder externen Beteiligten hat.
Beides schafft potenzielle Reibungsverluste bei der Serviceerbringung. Der Service-Provider muss eine kundenindividuelle Service-Organisation erst aufbauen und bei der Service-Erbringung auf die hohe Effizienz und Qualität seiner langjährig eingeübten und stetig optimierten Standard-Services und -Prozesse verzichten.
Durch die für Provider-Mitarbeiter:innen neu zu erlernende Service-Abwicklung treten Anlaufprobleme und scheinbar einfache Fehler auf, die den Service-Provider im Vergleich zu den vorher intern über Jahrzehnte eintrainierten Services schlecht aussehen lassen.
Die IT-Kunden des Auftraggebers sind dann unzufrieden mit den Services und dem Service-Provider. Der intern entstehende Druck wird von den am Providermanagement Beteiligten an den Service-Provider weitergeben. Dessen Möglichkeiten und Motivation, eine Verbesserung der Serviceerbringung kurzfristig vorzunehmen, sind wegen der zunächst erst einmal zu durchlaufenden Anlernphase und seinen wirtschaftlichen Interessen deutlich eingeschränkt. Ungeplanter Aufwand für Verbesserungen reduziert seine Marge.
2.3 Kultur des Misstrauens
Die Vertreter:innen des Service-Providers werden bei IT-Mitarbeiter:innen des Auftraggebers als Kontrahent:innen wahrgenommen, die sie nur über starke Kontrolle und Druck zur Erbringung der vereinbarten Leistung „motivieren“ können. Eine Kultur des Misstrauens ist schnell etabliert statt einer Kultur der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Es stellen sich Fragen wie: Hat der Service-Provider die vereinbarte Leistung wirklich erbracht? Setzt er Personal mit geringerer Qualifikation als erforderlich ein, um Kosten zu sparen? Sind aufgrund von Schlechtleistungen Vertragsstrafen einforderbar?
In dieser Situation versuchen Auftraggeber und Auftragnehmer, auch auf Kosten der jeweils anderen Seite, stets für sich das Maximum herauszuholen. Dabei gibt es immer einen Verlierer und eine Zusammenarbeit wird deutlich erschwert.
Eine Entwicklung in Richtung Misstrauenskultur wird insbesondere verstärkt, wenn parallel andere Probleme auftreten. Werden zum Beispiel vom Service-Provider in der Anlaufphase mehrere einfache Fehler gemacht, beeinträchtigt dies den Service deutlich.
Ist der Service-Provider häufig der Verlierer, so wird er sich zurückziehen und nur noch das Nötigste tun. Dies resultiert dann wieder in einem schlechten Service und erhöhten Aufwand für Diskussionen bezüglich Schuld und Folgen.
3. Providermanagement in Deutschland – Fazit
Die meisten Unternehmen haben gelernt, dass IT-Outsourcing angemessen geplant, umgesetzt und in diesem Rahmen eine Providermanagement-Organisation etabliert werden muss.
Dies reicht aber in vielen Fällen noch nicht aus, um einen qualitativ angemessenen externen Service sicherzustellen. Die Ursachen für Schlechtleistung von und schwierige Zusammenarbeit mit Service-Providern sind für den Provider häufig unwirtschaftliche Preise, schlecht geschnittene Services und eine Misstrauenskultur in der Zusammenarbeit. Häufig löst ein Problem auch weitere andere aus und es beginnt eine Abwärtsspirale in der Service-Beziehung. Viele Unternehmen resignieren zunächst in derartigen Situationen, da ein gangbarer Ausweg nicht erkennbar ist.
Aber auch wenn die Probleme nicht einfach abzustellen sind, können beide Parteien angemessene Maßnahmen gemeinsam planen und umsetzen, die schrittweise aus der schwierigen Situation herausführen. Grundlegende Voraussetzung hierfür ist aber, dass beide Seiten ein konstruktives Miteinander anstreben. Gerade wenn sich eine Misstrauenskultur entwickelt hat, ist dies eine herausfordernde und lange dauernde Aufgabe, die der steten intensiven und aktiven Begleitung des Managements beider Parteien bedarf.