Die Service Value Chain ist das Herzstück des in ITIL4 vorgestellten Service Value Systems. Letzteres beschreibt, wie alle Komponenten und Aktivitäten einer Organisation zusammenspielen, um durch IT-Services einen Wert zu erschaffen. ITIL4 Engage wiederum ist eine Aktivität in der Service Value Chain.
Zweck dieser Aktivität ist, ein gutes Verständnis der Stakeholder-Anforderungen und die kontinuierliche Einbeziehung aller Stakeholder bei der Entwicklung und dem Management von IT-Services sicherzustellen. Kommunikation kann bzw. muss in diesem Zusammenhang als fortwährender Austausch mit den Stakeholdern verstanden werden, der an jeder Stelle der Service Value Chain auftaucht. Wie sieht dies in der Praxis aus?
Der Kunde kommt mit einem neuen oder zusätzlichen Bedarf (Demand) für einen Service oder ein Produkt auf die IT-Abteilung zu, bzw. der Service-Manager in der IT-Abteilung stellt diesen fest. Die Kommunikation hierüber kann über verschiedene Kanäle geführt werden, z. B. über regelmäßige Meetings von Service-Manager und Kunde, ein Self-Service-Portal oder einen Service Desk. Die IT-Abteilung muss diesen Bedarf zunächst analysieren und besser verstehen, um mit der Planung zu beginnen. Dazu bedarf es wiederum der Rücksprache mit dem Kunden, denn dessen Anforderungen sind ausschlaggebend für die Serviceplanung und das Service Design.
Bei komplexen Services ist eine iterative Feedbackschleife, wie sie Scrum einsetzt, hilfreich. So ist gewährleistet, dass nicht nur der Output (Maßnahmen oder Dinge, die ein gewünschtes Resultat herbeiführen sollen) stimmt. Auch das Outcome stimmt, also das Resultat (oder anders gesagt: das, was ein Unternehmen erreichen möchte), welches letztlich den Wert für die verschieden Stakeholder ausmacht.
Ist ein externer Service-Provider an der Service-Gestaltung und -Erbringung beteiligt, so ist er von Beginn an mit in die Kommunikation einzubeziehen. Hierzu später mehr. In den Kernphasen des Designs, des Erstellens und des Ausrollens des Services müssen verschiedene Informationen fließen, so z.B. Analyse von Risiken, Security- und Compliance-Anforderungen, Service-Performance-Reporting, Verträge und Vereinbarungen mit internen und externen Providern, um nur einige zu nennen. Die Informationen fließen über verschiedene Medien, wie z.B. Reports, Collaboration Tools, Service Level Agreements, Wissensmanagement-Datenbanken und viele mehr. Auch die entstandenen Services ziehen Kommunikation nach sich. Sie müssen in den Servicekatalog aufgenommen und bekannt gegeben werden. Regelmäßiges Feedback von Usern und Kunden muss eingeholt werden (z.B. über eine Kunden-Umfrage) und natürlich müssen die Services auch kontinuierlich verbessert werden.
Man kann anhand dieses sehr groben Beispiels bereits sehen, dass bei jedem Schritt in der Service Value Chain Kommunikation in verschiedenste Richtungen und über verschiedenste Medien notwendig ist. Wer aber ist in der IT-Organisation dafür verantwortlich, diese Kommunikation zu lenken? In erster Linie ist dies der Service-Manager, denn er ist die Schnittstelle zwischen der IT-Organisation im Sinne eines internen IT-Providers und dem Kunden. Auch wenn er nicht immer direkt in die Kommunikation eingebunden ist (zum Beispiel beim Self-Service-Portal), ist er stets informiert, um die Bedürfnisse und Interessen seiner Kunden zu vertreten. Gleichzeitig kommt dem Kunden in dieser Konstellation eine erweiterte Rolle zu. Er ist nicht mehr nur Kunde, sondern potenziell auch Product Owner, das heißt er setzt die Prioritäten bei der Service-(weiter-)Entwicklung. Auf jeden Fall wird er aktiv an der Produktentwicklung und -verbesserung beteiligt. Dies kann im Rahmen von regelmäßigen Foren und Meetings geschehen, aber auch zusätzlich über verschiedene mündliche oder schriftliche Feedbackkanäle.
Sind nun noch ein oder mehrere externe Service Provider an der Serviceerbringung beteiligt, sieht das Kommunikationskonstrukt etwas anders aus. Die Rolle des Kunden nimmt jetzt der Providermanager ein. Er steht im Austausch mit den externen Providern und übernimmt die Kommunikation mit diesen über alle Schritte der Service Value Chain. Außerdem moderiert er die Anforderungen der Service-Manager und ihrer Kunden.
Dies ist zu empfehlen, da sonst die Gefahr besteht, dass durch direkte Kommunikation der Kunden mit den externen Service-Providern eine Schatten-IT entsteht, die neben der „offiziellen“ IT betrieben wird.
Sollte die Situation eintreten, dass aufgrund der notwendigen fachlichen Kompetenz zur Klärung von Fragen zum Service ein Providervertreter einzubinden ist, so sollten Service-Manager und Providermanager diesen begleiten und das Gespräch mit dem Kunden moderieren. Der Providervertreter wiederum sollte nicht einen vertrieblichen, sondern einen fachlichen Schwerpunkt (=Fachexperte) haben.
Wie aber kommen die Informationen vom externen Service-Provider zum Kunden? Der regelmäßige Austausch zwischen Service- und Provider-Manager (sofern diese beiden Rollen nicht von einer einzigen Instanz übernommen werden) bildet diese „Kommunikationsbrücke“. Dazu ist es notwendig, nicht nur regelmäßig, sondern auch in kurzen Intervallen in Austausch zu treten. Hierzu sind verschiedene Formen denkbar, je nachdem, wie die IT-Organisation aufgestellt ist:
- regelmäßige persönliche Runden
- Videokonferenzen
- direkte Telefon- und Chat-Kommunikation
Wichtig ist, dass Ergebnisse, Entscheidungen, Absprachen etc. dokumentiert werden, damit sie nachvollzogen werden können und das Wissen nicht verloren geht. Reibungsverluste in diesem Teil der Kommunikationskette können zu wachsenden Reibungsverlusten in den anderen Teilen führen.
Fazit: ITIL4 Engage
Wie in ITIL4 und hier insbesondere im Rahmen der Service Value Chain sehr gut adressiert, erhält die Kommunikation mit Kunden und anderen Stakeholdern in heutigen Zeiten deutlich mehr Gewicht. ITIL4 Engage ist hierbei ein Schlüsselelement. IT-Organisationen müssen zukünftig sicherstellen, dass Informationen ungehindert in alle Richtungen fließen können. So kann schnell auf Änderungsanforderungen reagiert werden. Herzstück dieser Kommunikationskette ist der regelmäßige Austausch zwischen dem Kunden, dem Service-Manager und dem Provider-Manager.